Lange dachte ich: Analog? Wer braucht das denn? Eine antiquarische, unterlegene und überkomplizierte Methode, Fotos aufzunehmen, die nicht nur teuer, sondern auch zeitintensiv ist. Wieso sollte ich mich in puncto Kameratechnik in die Steinzeit zurückbewegen und von meiner 6000 Bilder fassenden SD-Karte auf eine 36 Foto-Rolle wechseln?
Und dann habe ich es ausprobiert.
Aber du hast nicht beantwortet, wieso du jetzt analog fotografierst. Was hat dich umgestimmt?
Um es kurz zu fassen: Die Ästhetik und der Trouble.
Okay, lass mich erklären: So, so lange bin ich immer wieder kurz mit analoger Fotografie in Berührung gekommen, habe immer wieder Fotografen gesehen, die sich dem Medium irgendwann zugewandt haben und es selbst absolut nicht verstanden.
Ich glaube, ich war dann einfach irgendwann so weit.
Der Look, den analoge Fotos haben, ist digital einfach nicht reproduzierbar. Es gibt keinen Filter, kein LUT, dass einem dieses Gefühl von Nostalgie so gibt wie ein analoges Foto. Und das trifft auch zu, wenn du es letzte Woche erst aufgenommen hast. Es ist ein Prozess, der einen als Fotograf durchgehend belohnt. Diese Freude für das echte, das physische Foto, welches sich durch komplizierte und geniale Chemie geformt hat, die hat einfach was. Die Negative der Fotos in der Hand zu halten, die du vorsichtig geframed und eingestellt hast, ist einfach toll. Das klingt super schwachsinnig, ist aber so. Ich glaube, dass man es einfach irgendwann versuchen sollte.
Es sind hauptsächlich die "Limitationen", die der analogen Fotografie ihren Charme geben. Mit meiner digitalen Canon-Spiegelreflexkamera kann ich im Serienaufnahmemodus sieben Fotos pro Sekunde aufnehmen. Wenn ich draußen bin und fotografiere mache ich nicht selten vier, fünf Aufnahmen vom selben Motiv, mit den selben Einstellungen. Analog ist das keine Option. Die günstigste Rolle Film bei Budni kostet 5,99 Euro. Auf eine davon passen 36 Fotos. Wenn du alle 36 Fotos geschossen hast, musst du sie zu einem Labor bringen. Das dauert in der Regel zwischen einer- und zwei Wochen, das Entwickeln kostet im Normalfall irgendwo zwischen vier bis fünf Euro (niedigste Qualität bei Budni, Rossmann, DM usw.). Wieso interessiert das? Analogfotos sind allein wegen ihres Preises etwas, worüber man sich Gedanken macht. In Verbindung mit der Langwierigkeit des Prozesses führt das einfach dazu, dass man sich jedes Foto genauer überlegt. Es wird nicht einfach wild drauflosgeschossen, weil "schon ein gutes dabei sein wird", sondern nachgedacht, sich Zeit genomen, eingestellt. Das macht den Prozess zu etwas besonderem.
Der Grund, warum hier nicht besonders viele Fotos erscheinen, ist, dass die Mehrheit meiner analogen-Arbeit nicht aus Kunstfotografie, sondern Erinnerungsfotos bestehen. Wenn ich mit meiner Familie in den Urlaub, mit Freunden auf eine Party oder mit meiner Stufe auf eine Abireise fahre, nehme ich meine analoge Kamera mit. Oft nehme ich nur ein paar Fotos an einem Abend/Tag auf, nur Momente, die ich wirklich erinnern will.
Das führt auch schonmal dazu, dass es mehrere solcher Anlässe geben muss, bevor die Rolle voll ist, und ich erst Wochen oder sogar Monate später Fotos an alle weiterreichen kann. Aber ich finde das gut, denn es steigert das Nostalgiegefühl umso mehr.
Man merkt schon, ich find das Ganze schon ganz cool. Du auch? Ich habe meinen analogen Workflow hier nochmal beschrieben... Vielleicht interessiert dich das ja...